November 28, 2022

Praxisgemeinschaft: Vor- und Nachteile für gründungswillige Ärzt:innen

Sie überlegen, Ihre eigene Arztpraxis zu eröffnen? Praxisgemeinschaften sind eine echte Alternative zur Übernahme oder Neugründung – vorausgesetzt, Sie kennen alle etwaigen Risiken. Erfahren Sie in diesem Beitrag alles über die Chancen und Risiken bei der Kooperation mit Kolleginnen und Kollegen.

Praxisgemeinschaft: Die richtige Form für Gründungswillige?

Vielleicht haben Sie sich als Vertragsarzt oder Vertragsärztin schon einmal die Frage gestellt, ob Sie Ihre eigene Praxis gründen sollten. Die Gründung einer Einzelpraxis ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit, selbstständig und -bestimmt zu praktizieren. Erfahren Sie in diesem Beitrag, warum Praxisgemeinschaften für viele Ärztinnen und Ärzte eine echte Alternative zur Einzel- und Gemeinschaftspraxis darstellen und worin deren Vor- und Nachteile liegen.

Was ist eine Praxisgemeinschaft?

Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung waren im Jahr 2020 in Deutschland rund 19 Prozent der gemeldeten Arztpraxen im Rahmen einer Praxisgemeinschaft organisiert.

Die Praxisgemeinschaft entsteht aus der Kooperation niedergelassener Ärztinnen und Ärzte, die in gemeinsamen Räumen praktizieren, ökonomisch aber voneinander unabhängig sind. Mediziner:innen in einer Praxisgemeinschaft haben z.B. eigenständige Patientenstämme.

Im Gegensatz zu anderen Praxisformen bilden die beteiligten Vertragsärztinnen und -ärzte keine wirtschaftliche Einheit. So haben Mediziner:innen in einer Praxisgemeinschaft beispielsweise eigenständige Patientenstämme, reichen getrennte Abrechnungen bei den Krankenkassen ein und haften rechtlich ausschließlich für den eigenen Praxisbetrieb. So könnte man die Praxisgemeinschaft als Zusammenschluss mehrerer unabhängiger Arztpraxen verstehen.

Praxisgemeinschaft und Gemeinschaftspraxis werden häufig miteinander gleichgesetzt. Beide Organisationsformen unterscheiden sich jedoch in der wichtigen Hinsicht, dass Ärztinnen und Ärzte ihren Beruf in der Gemeinschaftspraxis als Einheit ausüben. So werden erbrachte Leistungen in der Gemeinschaftspraxis gemeinsam abgerechnet und Räume und Geräte gemeinschaftlich genutzt.

Was sind die Vor- und Nachteile einer Praxisgemeinschaft?

Vor der Entscheidung für eine bestimmte Praxisform ist es ratsam, ihre Auswirkungen auf den Berufsalltag und die Wirtschaftlichkeit Ihres Praxisbetriebs abzuschätzen. 

Die Vorteile einer Praxisgemeinschaft

Der Zusammenschluss mit Kolleginnen und Kollegen zu einer Praxisgemeinschaft kann viele Vorteile für Sie mit sich bringen. Die gemeinsame Nutzung von Räumlichkeiten reduziert alle Kosten für die Miete oder Neuanschaffung von Geräten.

Hinzu kommen alle Vorzüge einer Einzelpraxis:

  • Fachliche Unabhängigkeit: Leistungsangebot und Behandlungsart werden eigenständig festgelegt
  • Haftung ausschließlich für die eigene medizinische Tätigkeit (im Gegensatz zur Gemeinschaftspraxis)
  • Eigener Patientenstamm 
  • Eigenständige Abrechnung bei den Krankenkassen

Sind Sie als Vertragsarzt oder Vertragsärztin auf der Suche nach einer zeitlich begrenzten Kooperationsform, bietet sich eine Praxisgemeinschaft an. Durch die strikte Trennung der medizinischen Tätigkeiten lässt sich diese Praxisform besonders unkompliziert auflösen. 

Die Risiken einer Praxisgemeinschaften

Beachten Sie, dass eine Vertretung (z.B. im Krankheitsfall) nur durch Kolleginnen oder Kollegen gestattet ist, die in derselben Fachrichtung praktizieren. Um beispielsweise dennoch eine Zweitmeinung einzuholen, bedarf es der ausdrücklichen Zustimmung der Patient:innen. 

Zuletzt sind im Fall von Praxisgemeinschaften Plausibilitätsprüfungen von Krankenkassen nicht unüblich. Eine solche Überprüfung der abgerechneten Leistungen auf ihre Plausibilität wird umso wahrscheinlicher, je höher der Anteil der identischen Patient:innen bei den Beteiligten einer Praxisgemeinschaft ist. Der Grenzwert für Implausibilität liegt bei fachlich gleichen Praxen bei 20 Prozent Überschneidung – bei Praxisgemeinschaften mit verschiedenen Fachgebieten werden 30 Prozent toleriert. 

Fazit: Praxisgemeinschaften als Alternative zur Einzel- oder Gemeinschaftspraxis

Der Entscheidung für eine Praxisform gehen eine Vielzahl an Überlegungen voraus. Gerade für Ärztinnen und Ärzte, die die Eröffnung oder Übernahme einer Einzelpraxis in Erwägung ziehen, stellen Praxisgemeinschaften eine echte Alternative dar. Ähnlich wie eine Praxisgründung bietet diese Art der Praxiskooperation viel Gestaltungsspielraum.

Zugleich verringert sich in einer Praxisgemeinschaft der Investitionsaufwand für alle Beteiligten. So vereinen Praxisgemeinschaften für viele die Vorteile aus zwei Praxisformen: Ärztinnen und Ärzte können wie in einer Einzelpraxis eigenständig praktizieren und teilen sich die wirtschaftlichen Aufwände wie Miete oder Anschaffung von medizinischen Geräten mit Kolleginnen und Kollegen, wie das beispielsweise auch in Gemeinschaftspraxen der Fall ist. 

Hilfreiche Hinweise zur Praxisgründung, Privatpraxis und Kassensitz haben wir unseren Arzt-Ratgebern für Sie zusammengefasst.