Self Tracking: Wie Sie mit Selbstdiagnosen von Patienten umgehen
Wie Sie mit Patient:innen umgehen, die ihre Gesundheit überwachen.
Self Tracking: Was ist das eigentlich?
Die Digitalisierung hat unser Gesundheitswesen stark verändert. Immer mehr Menschen nutzen das Internet mittlerweile zur Beschaffung von gesundheitsrelevanten Informationen.
Bereits 2019 suchten zwei Drittel der Menschen in Deutschland im Internet danach - das waren 18 % mehr als noch zehn Jahre zuvor.
Bestimmt haben Sie als Ärztin bzw. Arzt auch schon die Erfahrung gemacht, dass Patient:innen mit Daten aus bspw. Ihrer Smart Watch in Ihre Sprechstunde kommen. Denn viele Patient:innen nehmen ihre Gesundheit vermehrt selbst in die Hand.
Dies spiegelt sich auch im massiven Nutzungsanstieg sogenannter Wearables wider: Seit 2016 stieg deren Zahl kontinuierlich auf nun mittlerweile über 1 Million Geräte an.
Wearables sind kleine am Körper tragbare Geräte wie Fitness tracker und Smartwatches, deren Sensoren Körperwerte wie Puls, Herzfrequenz und Atem messen, sowie den Schlafrhythmus, gemachte Schritte, verbrauchte Kalorien und vieles mehr tracken können. Dies ermöglicht es den Träger:innen ihre Gesundheit im Blick zu behalten und sich selbst zu optimieren.
Welche Vor- aber auch Nachteile dieses sogenannte Self Tracking nach sich zieht und wie Sie als Ärztin bzw. Arzt mit den daraus resultierenden Selbstdiagnosen in Ihrer Praxis am besten umgehen, möchten wir Ihnen in diesem Artikel aufzeigen.
Vorteile von Self Tracking für die Patientengesundheit
Die Studie „Optimized Self Monitor 2019” kam zu dem Ergebnis, dass folgende drei Gründe unter den Deutschen die Hauptmotivatoren für die Nutzung von Fitnesstrackern und Smartwatches sind:
- Gesünder leben,
- Motivation für Sport und Ernährung,
- Sportlicher werden.
Die permanente Datenerhebung ermöglicht es in der Tat, ungesunde Lebensweisen aufzudecken und auf einen gesünderen, aktiveren Alltag zu achten.
So helfen Gesundheitsapps beispielsweise bei folgenden Problemen:
- Stress im Alltag kann durch einen Anstieg der Herzfrequenz erkannt werden und die Person kann durch Atemübungen oder Meditation gegensteuern.
- Die tägliche Kalorienzufuhr und der tatsächliche Verzehr von ungesunden Lebensmittel kann besser eingeschätzt und eine bessere Vitamin- und Mineralstoffzufuhr sichergestellt werden.
- Die eigene Kondition, Beweglichkeit und körperliche Kraft wird verbessert, da Wearables zu mehr und kontinuierlichen Sporteinheiten motivieren.
Dank der Apps können Nutzer:innen einen gesundheitsbewussteren Lebensstil führen und ein besseres Gefühl für ihren Körper erlangen. Vor allem ausreichend Bewegung kann zahlreichen Krankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck oder auch Burnout vorbeugen.
Dies ist sicherlich der größte Vorteil des Self Trackings.
Im Zeitverlauf können Nutzer:innen ihre Fortschritte außerdem unkompliziert analysieren und überprüfen, ob sie die gesetzten Ziele erreicht haben. Zudem können die Ergebnisse mit dem Freundeskreis oder in sozialen Netzwerken via Twitter geteilt werden – für viele ein Motivationsgarant.
Mit ihren Gesundheitsdaten gehen die meisten Nutzer:innen tatsächlich wenig vorsichtig um. 58 % der Deutschen würden für Vergünstigungen Daten an Ärzt:innen übermitteln, 51 % an Krankenkassen und 25 % an Sportartikelhersteller.
Können Ärzt:innen auf erhobene Daten in der elektronischen Patientenakte zugreifen, begünstigt dies allerdings den individuellen Behandlungsplan. Über einen längeren Zeitraum gesammelte Daten wie beispielsweise zu erhöhtem Blutdruck können eine Diagnose unterstützen und Aufschluss darüber geben, welche Behandlung am besten passt.
Nachteile von Self Tracking für die Patientengesundheit
Es ist zwar grundsätzlich zu begrüßen, dass Menschen sich mehr Gedanken um ihre Gesundheit machen und sich dazu Informationen im Internet oder mithilfe von Wearables einholen.
Die dadurch entstehenden Selbstdiagnosen führen aber auch zu viel Verwirrung bei Nutzer:innen und erschweren oder verhindern in der Folge eine medizinische Untersuchung.
Ganze 43 % der Deutschen verzichteten sogar schon einmal auf einen Arztbesuch, weil sie ihre Symptome nach einer Internetrecherche selbst eingeordnet und sich selbst behandelt haben.
Selbstdiagnosen aufgrund von Self Tracking und Internetrecherchen bergen also die große Gefahr, dass Krankheiten nicht richtig oder gar nicht erkannt und folglich nicht von einer Ärztin bzw. einem Arzt behandelt werden.
Doch nicht nur die Falscheinschätzung von Krankheiten ist ein Risiko des Self Trackings, sondern auch die dadurch entstehenden zunehmenden Krankheitsängste.
Die ständige Überwachung der eigenen Körperfunktionen und Aktivitäten kann zu einer Überbewertung von normalen Schwankungen führen und unnötige Sorgen entstehen lassen. Dieses Phänomen nennt man Cyberchondrie.
Wissenschaftlich ist Cyberchondrie noch kein feststehender Begriff. Geprägt wurde er von dem amerikanischen Psychiater Brian Fallon. 90 % aller hypochondrisch veranlagten Menschen werden ihm zufolge durch die ständige Internetrecherche und Self Tracking zu Cyberchondern.
Wenn man bedenkt, dass in Deutschland zwischen 600.000 und 800.000 Menschen an Hypochondrie leiden und sich acht Millionen Menschen übermäßig Sorgen um ihre Gesundheit machen, kann man leicht erkennen, dass dieses Problem längst in der Gesellschaft angekommen ist und es sich nicht um Einzelphänomene handelt.
Bei der Behandlung von trackenden Patient:innen und/oder deren recherchierten Selbstdiagnosen sollten Sie daher besonders behutsam vorgehen, um den Kreislauf dieser Problematik zu durchbrechen.
Welche Maßnahmen Ihnen als Ärztin bzw. Arzt konkret bei der Behandlung dieser Patientengruppe weiterhelfen, erfahren Sie im nächsten Abschnitt.
Der richtige Umgang mit Self Tracking und Selbstdiagnosen von Patient:innen
Self Tracking bietet Ihnen als Ärztin bzw. Arzt eine große Datenbasis Ihrer Patient:innen, welche Sie für die weitere individuelle Behandlung nutzen können. Nehmen Sie Ihre Patient:innen daher ernst und überprüfen Sie zusammen die erhobenen Daten.
Erklären Sie mit Ihrem Fachwissen, was diese Werte und beispielsweise Schwankungen beim Blutdruck wirklich bedeuten und ob konkreter Handlungsbedarf besteht. Gehen Sie auf durch Internetrecherche gefundene Selbstdiagnosen ein und klären Sie über mögliche Krankheitsbilder und Symptome auf.
Entkräften Sie auf diese Weise irrationale Ängste sowie Bedenken und motivieren Sie die Patient:innen dadurch zur Weiterverfolgung eines gesunden Lebensstils, der durch das Tracking und die verstärkte Aufmerksamkeit für den eigenen Körper begünstigt wird.
Die neuen Technologien werden Ärzt:innen zunehmend unterstützen und sie nicht ersetzen. Befassen Sie sich also mit Gesundheits-Apps und Wearables, um Ihrer Patientenschaft Empfehlungen geben zu können.
Professionelle und datenschutzkonforme Tools liefern professionelle Daten und helfen somit beiden Parteien weiter. Sensibilisieren Sie Ihre Patient:innen in diesem Sinne auch für die mit Wearables und Apps verbundenen Risiken.
Zusammenfassend kann man sagen:
- Nutzen Sie die Vorteile der gesammelten Gesundheitsdaten für Ihren Behandlungsplan.
- Sensibilisieren Sie sich und Ihre Patientenschaft für die Nachteile und Risiken.
- Klären Sie Ihre Patient:innen mit einer einfach verständlichen Sprache über mögliche Krankheitsbilder und Symptome auf, um diesen die nötige Sicherheit im Umgang mit gesundheitsrelevanten Informationen zu geben.
- Gehen Sie einfühlsam auf Ihre Patient:innen ein, um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu befördern, damit sie auch künftig einen Arztbesuch in Erwägung ziehen und keine Selbstbehandlungen durchführen.
Self Tracking ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen
Self Tracking und die Suche nach gesundheitsrelevanten Informationen im Internet sind keine Einzelphänomene, sondern in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die dadurch gestiegene Aufmerksamkeit für den eigenen Körper und einen gesunden Lebensstil ist ein vielversprechendes Mittel gegen Volkskrankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes.
Doch auch die Risiken sind klar ersichtlich: Fast die Hälfte der Deutschen verzichtete schon einmal auf einen Arztbesuch und behandelte sich selbst. Selbstvermessung und Selbstdiagnosen begünstigen außerdem die Entstehung irrationaler Krankheitsängste.
Es steht jedoch außer Frage, dass Self Tracking und die gestiegene Aufmerksamkeit für Körperwerte die Kompetenz von Ärzt:innen nicht ersetzen, sondern sie unterstreichen. Denn Sie als Ärztin bzw. Arzt sind gefragt, auf Ihre Patient:innen einzugehen, die Daten korrekt einzuschätzen und ihnen mit Ihrem Fachwissen zur Seite zu stehen.
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