"Bürokratie bestimmt über 60 % meines Arbeitsalltags"

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Dr. med. dent. Patricia Görlitz, Fachzahnärztin für Kieferorthopädie aus Friedrichsdorf, spricht im Interview mit jameda über die bürokratischen Herausforderungen in Ihrer Praxis.

jameda: Können Sie uns einen Einblick geben, wie Bürokratie Ihren Alltag in der Praxis beeinflusst? Welche administrativen Aufgaben nehmen den größten Teil Ihrer Zeit in Anspruch?

Dr. Görlitz: Bürokratie bestimmt über 60 % meines Arbeitsalltags. Als Fachzahnärztin für Kieferorthopädie bin ich täglich mit einer Vielzahl administrativer Pflichten konfrontiert, die enorm zeitintensiv sind.

jameda: Welche bürokratischen Prozesse empfinden Sie als besonders belastend oder ineffizient?

Dr. Görlitz: Die Fülle an bürokratischen Anforderungen läuft im Hintergrund ab, unsichtbar für den Patienten und Dritte. Dazu zählen u.a. das Qualitäts- und Hygienemanagement, das Patienten-, Telefonmanagement, Mitarbeitermanagement sowie die Abwicklung des Mail- und Abrechnungsverkehrs. Technische Aspekte wie tägliche Sicherheitsupdates und regelmäßige Software-Updates für unser Abrechnungsprogramm und die Telematikinfrastruktur kommen hinzu.

Leider werden diese Prozesse nicht immer einfacher, sondern komplizierter. Beispielsweise müssen wir bei Behandlungsübernahmen von Patienten die KFO-Pläne vom Vorbehandler wortwörtlich abschreiben, d.h. manuell in das Computerprogramm eingeben. Zuvor war das Abheften des bisherigen KFO-Planes in die Akte einfacher zu handhaben. 

Für all diese bürokratischen Anforderungen brauchen wir technisches Equipment, das wir als “kostenlosen Service der Praxis” zur Verfügung stellen müssen. 

Ohne die Hilfe der Mitarbeiter von unserer Computer-Abrechnungsprogrammhotline, die sich netterweise auf die Computer in der Praxis schalten, könnten wir einige alltägliche Probleme nicht lösen.

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jameda: Wie bewerten Sie die Effizienz des aktuellen Abrechnungssystems für zahnärztliche Leistungen?

Dr. Görlitz: Die Abrechnungsprogramme sind effizient im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Die Firmen bekommen jedoch immer neue politisch vorgegebene Aufgaben, die alles verkomplizieren, wie das Einbinden in die kostenintensive Telematikinfrastruktur etc.
Es müssen permanent neue Updates zur Sicherheit und wegen Umstellungen gemäß gesetzlicher Vorgaben erfolgen und auf die Computer eingespielt werden. Diese müssen dann in der Praxis mit Arbeits- und Zeitaufwand umgesetzt werden.

jameda: Welche Veränderungen braucht es in Deutschland, um die bürokratische Belastung zu verringern?

Dr. Görlitz: Die Kosten der Bürokratie müssten kostenpflichtig weitergereicht werden können, damit die politischen Entscheidungsträger selber ein Interesse haben, diesen Aufwand zu verringern.

jameda: Wie hat die Digitalisierung die bürokratischen Prozesse in Ihrer Praxis bisher beeinflusst?

Dr. Görlitz: Die Digitalisierung hat uns zwar in einigen Bereichen unterstützt, jedoch auch neue bürokratische Hürden geschaffen. Die Verpflichtung, technisches Equipment bereitzustellen und fortlaufend zu warten, verursacht hohe Kosten und Arbeitsaufwand.
Mitarbeiter von kostenpflichtigen Computerhotlines und Techniker  von  Computerwartungsfirmen, die sich auf die Computer in der Praxis online schalten können, sind eine große Arbeits- und Zeiterleichterung.

jameda: Sehen Sie Potenzial in digitalen Lösungen, um bürokratische Hürden zu minimieren?

Dr. Görlitz: Digitale Lösungen sind immer nur gut, wenn sie eingespielt sind und laufen. Jede Technik hat ihre Grenzen. Die Kosten verbleiben bisher im großem Umfang beim Arzt, der diese nicht weiterreichen kann.

Letztlich wird die Digitalisierung im Laufe der Zeit voranschreiten, Prozesse optimieren und vereinfachen. 

Allerdings sollten diese Lösungen mit dem Prinzip "Keep it simple" entwickelt werden, um unnötige Kosten und Komplexität zu vermeiden.

Bildnachweis: Dr. med. Patricia Görlitz.