"Minderjährige Patient:innen lehne ich kategorisch ab"

Sophia_Bethge

Dr. med. Sophia Bethge , Plastische und Ästhetische Chirurgin in Berlin, spricht über die Balance zwischen Geschäft und ethischen Prinzipien in ihrem Beruf.

jameda: Gibt es bestimmte ethische Prinzipien, die Ihnen bei der Behandlung Ihrer Patient:innen besonders wichtig sind?

Dr. Bethge: Wichtig für mich ist eine Behandlung mit Augenmaß: natürliche Ergebnisse mit sichtbarem Effekt für meine Patienten:innen bei gutem Kosten-/ Nutzen-Faktor. Von Behandlungen, die gesundheitsschädlich sind bzw. nicht zum Wohle der Patient:innen beitragen, sehe ich generell ab. Ethik, Moral und vor allem Menschlichkeit stehen für mich an oberster Stelle.

jameda: Der Wettbewerb in der Plastischen Chirurgie ist groß. Wie bewahren Sie Ihre ethischen Standards, ohne dem wirtschaftlichen Druck nachzugeben?

Dr. Bethge: Die Plastische Chirurgie hat sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt und viele Ärzt:innen haben mittlerweile Kernkompetenzen. Wir machen uns seriös und behandeln ethisch und fachlich kompetent, wenn wir Patient:innen auch mal ablehnen oder an andere Kolleg:innen verweisen. Viele Patient:innen empfinden diese Ehrlichkeit ohne den wirtschaftlichen Hintergedanken so toll, dass sie langfristig meine Patient:innen bleiben. Durch Weiterempfehlung, menschliche Nähe und Ehrlichkeit baut man sich eine gewisse Reputation auf, die langfristig keinen wirtschaftlichen Druck nach sich zieht.  

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jameda: Können Sie ein Beispiel geben, bei dem Sie eine Behandlung aufgrund ethischer Überlegungen abgelehnt haben?

Dr. Bethge: Hierzu kann ich viele Beispiele geben. Sehr häufig lehne ich Unterspritzungen mit Botulinumtoxin und Hyaluronsäure bei 18-25-jährigen Patient:innen ab, da der Umgang mit dem eigenen Körper und die Wahrnehmung des eigenen Selbst sehr fragil sind. Viele sehen Makel, die mir nicht ersichtlich sind. Daher versuche ich, diese in einem ausführlichen Behandlungsgespräch zu objektivieren.

jameda: Wie gehen Sie mit Patientenanfragen um, die möglicherweise durch unrealistische Erwartungen oder durch Social Media motiviert sind?

Dr. Bethge: Hier hilft, wie auch in der Frage zuvor, eine ausführliche Beratung und Objektivierung der “Probleme”. Bei unrealistischen Wünschen sind wir in der Kommunikation offen und lehnen die Behandlungen in unserer Praxis ab.

jameda: Welche ethischen Überlegungen nehmen Sie besonders in Betracht, wenn es um Eingriffe bei jüngeren, minderjährigen Patient:innen geht?

Dr. Bethge: Minderjährige Patient:innen lehne ich sowohl für operative als auch minimalinvasive Eingriffe kategorisch ab. Bei jüngeren Patient:innen sehe ich immer meine Kinder, wie sie potenziell dem Schönheitswahn und all den Filtern auf Instagram oder TikTok verfallen und sich dann einer ästhetischen Behandlung unterziehen. Daher führe ich nur Behandlungen durch, die für mich einen Sinn und Zweck ergeben und einen gewissen Mehrwert für die Patient:innen erzielen.

jameda: Welchen Rat würden Sie jungen Chirurg:innen geben, die ihre Karriere in der Plastischen Chirurgie beginnen?

Dr. Bethge: Die harten Jahre der Ausbildung lohnen sich sehr. Die Plastische Chirurgie hat so viele Facetten und Gebiete, in denen man mit seinen individuellen Kompetenzen viele Menschen sehr glücklich machen kann. Vor allem Frauen kann ich den Rat geben, selbstbewusster zu sein und sich nicht immer unter Wert zu verkaufen!

Bildnachweis: Dr. med. Sophia Bethge