Angst hat viele Gesichter: Wir leiden unter Flug- oder Höhenangst oder ekeln uns vor Spinnen, Insekten oder Schlangen. Früher waren Ängste unser Wegweiser, um potenziellen Gefahren aus dem Weg zu gehen. Doch in einer Ära, die durch relative Sicherheit geprägt ist, stellt sich die Frage: Ist die Angst überflüssig geworden?
Trotz des vermeintlichen Fortschritts bleibt sie aber hartnäckig und kann sogar Schaden anrichten. Ein eindrückliches Beispiel dafür ist die Latrophobie – die Angst vor dem Arzt oder Ärztin, im Volksmund auch als Weißkittelsyndrom bekannt. Etwa zwei Millionen Menschen in Deutschland leiden mehr oder weniger stark unter dieser Form der Angst. Die Angst vor dem Zahnarzt und der Zahnärztin ist so weit verbreitet, dass sie mit „Dentophobie“ und „Odontophobie“ sogar eigene Namen hat und als psychische Krankheit anerkannt ist. Im Folgenden nehmen wir das Weißkittelsyndrom genauer unter die Lupe und geben Ihnen wertvolle Tipps, wie Sie als Ärzt:in die Anzeichen bei Ihren Patient:innen erkennen. Unser 9-Punkte-Plan hält gezielte Maßnahmen für Sie bereit, um eine gute Bindung zu Ihren Patient:innen aufzubauen und deren Ängste und Unsicherheiten abzubauen.
Weißkittelsyndrom frühzeitig erkennen
Anspannung oder Angst vor einer ungewissen Diagnose oder vor einer Behandlung, die schmerzhaft sein könnte, kennen wir alle. Das ist vollkommen normal. Das Weißkittelsyndrom, im Volksmund auch als White Coat Syndrome bekannt, ist aber mehr. Studien zeigen, dass bis zu 30 Prozent der Patient:innen unter dem so genannten „Weißkittel-Hypertonus“ leiden. In diesem Fall sind die
Patient:innen so angespannt, dass ihr Blutdruck beim Arzt nachweisbar höher ist als sonst im Alltag.
Das Weißkittelsyndrom äußert sich durch Symptome wie:
- erhöhter Blutdruck. Die Diskrepanz zwischen den beim Arzt und zuhause gemessenen Blutdruckwerten kann bei etwa 20 mmHg oder mehr beim systolischen Wert liegen – eine signifikante Erhöhung.
- beschleunigter Puls
- Bauchschmerzen und Übelkeit
- Reizbarkeit
Der Gang zum Arzt oder zur Ärztin wird für solche Patient:innen zu einem stressigen Erlebnis, das nicht nur ihre allgemeine Gesundheit beeinträchtigt, sondern auch das Vertrauen in die ärztliche Betreuung erschüttern kann. Wichtig: Versuchen Sie, nicht nur die offensichtlichen körperlichen Symptome zu erkennen. Nehmen Sie unbedingt auch die emotionale Belastung, die das Weißkittelsyndrom mit sich
bringt, ernst.
Achten Sie nicht nur auf körperliche Symptome, sondern nehmen
Sie auch die emotionale Belastung der Patient:innen ernst.
9-Punkte-Plan für behandelnde Ärztinnen und Ärzte
Sie können verschiedene Maßnahmen ergreifen, um auf die ausgeprägte Nervosität und Angst Ihrer Patient:innen einzugehen. Nutzen Sie hierzu unsere 9 Vorschläge:
1. Lassen Sie sich Zeit, den Patient:innen zuzuhören und nehmen Sie eventuelle Ängste und Bedenken ernst. Eine klare und verständliche Kommunikation über den geplanten Ablauf der Untersuchung oder Behandlung baut Unsicherheiten ab.
2. Sie sehen, dass Ihr Patient oder Ihre Patientin nervös vor Ihnen sitzt? Helfen Sie ihm oder ihr und führen Sie vor dem Behandlungsgespräch gemeinsam ein paar Entspannungstechniken durch. Oder erklären Sie Ihren Patient:innen, wie sie durch gezielte Atemübungen zur Ruhe kommen können.
3. Gibt es Ausweichmöglichkeiten? Untersuchungen und Gespräche müssen nicht ausschließlich in einer klinischen Umgebung stattfinden. Ein informelleres Setting oder zum Beispiel eine jameda-Videosprechstunde kann die Patient:innen dazu ermutigen, offener über ihre Ängste zu sprechen. So werden die Auswirkungen des Weißkittelsyndroms minimiert.
4. Teilen Sie Ihre Beobachtungen Ihren Patient:innen mit, etwa dass der Blutdruckanstieg wahrscheinlich auf die Nervosität zurückzuführen ist. Das kann helfen, dass Ihre Patient:innen die Situation besser verstehen und weniger besorgt sind.
5. Empfehlen Sie Ihren Patient:innen, den Blutdruck regelmäßig selbst zu Hause zu messen, damit sie den Zusammenhang zwischen der häuslichen Umgebung und den in der Praxis gemessenen Werten selbst nachvollziehen können.
6. Legen Sie in den Wartebereichen Zeitschriften, Bücher oder andere Unterhaltungsangebote aus, um die Wartenden auf andere Gedanken zu bringen.
7. Machen Sie Ihr Team auf das Thema aufmerksam. Denn freundliches und einfühlsames Personal - vom Telefon über die Rezeption bis hin zum Behandlungsraum - trägt wesentlich zu einem positiven Umfeld bei.
8. Eine angenehme und einladende Gestaltung der Praxis, mit warmen Farben und bequemen Möbeln, Tageslicht und eine offene, helle Umgebung haben ebenfalls eine positive Wirkung auf die Stimmung der Patient:innen.
9. Beruhigende Musik kann ebenfalls Nervosität reduzieren und eine entspannte Atmosphäre fördern - setzen Sie sie im Wartebereich oder in den Untersuchungsräumen ein.
Nehmen Sie die Ängste Ihrer Patient:innen ernst
Die Angst vor Arztbesuchen ist keine seltene Erscheinung: Etwa zwei Millionen Menschen in Deutschland leiden darunter. Hier ist es wichtig, dass Ärztinnen und Ärzte sensibel auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Patient:innen eingehen und diese ernst nehmen. Seien Sie offen für mögliche Anzeichen für das Weißkittelsyndrom. Durch einfühlsame Kommunikation, Entspannungstechniken und eine patientenfreundliche Praxisumgebung können Sie Ihre Patient:innen positiv beeinflussen und gleichzeitig eine vertrauensvolle Arzt-Patient-Beziehung aufbauen.
Möchten Sie Ihre Patient:innen wissen lassen, dass Ihr Fokus darauf liegt, eine solche positive Umgebung für sie zu bieten? Lassen Sie es sie wissen und erklären Sie auf Ihrem jameda-Profil Ihre Philosophie und konkreten Maßnahmen für Patient:innen mit Ängsten. Wir beraten Sie gerne.
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