Erfahren Sie, wie und wann Digitale Gesundheitsanwendungen verschrieben und abgerechnet werden.
Gesundheit via Smartphone oder Tablet – mit der Verabschiedung des Digitalen-Versorgungs-Gesetzes (DVG) am 7. November 2019 ist die Versorgung mittels digitaler Anwendungen keine graue Theorie mehr. Seitdem dürfen Ärzt:innen zertifizierte Medizin-Apps oder webbasierte Anwendungen für PC und Laptop bei Bedarf verschreiben – für Patient:innen entstehen dadurch keine Kosten. Wie weit der aktuelle Stand bei der Einführung der DiGAs ist und was Ärzt:innen bei der Verordnung beachten sollten, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Laut dem Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (DVG) haben Patient:innen unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA). Zu diesen Voraussetzungen zählt zum einen, dass die gewählte DiGA vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geprüft und zugelassen ist. Zum anderen ist es erforderlich, dass ein Arzt oder eine Ärztin durch Verordnung oder Untersuchung einen Bedarf identifiziert hat.
Der in § 33a SGB V verankerte Leistungsanspruch von gesetzlich Versicherten bezieht sich auf die Versorgung mit Medizinprodukten niedriger Risikoklasse. Damit gemeint sind digitale Anwendungen, die unterstützend beim Erkennen, Überwachen, Behandeln oder Lindern von Krankheiten sowie bei einer Behinderung oder Verletzung zum Einsatz kommen.
DiGA werden von der BfArM in das Verzeichnis der erstattungsfähigen digitalen Gesundheitsanwendungen aufgenommen, wenn ein positiver Versorgungseffekt nachgewiesen ist. Dieser entsteht beispielsweise, wenn ein medizinischer Nutzen gegeben ist, wie z.B. die Verbesserung des Gesundheitszustandes. Zum anderen zählt auch die Verbesserung des Alltags von Betroffenen. Zur Primärprävention lassen sich DiGA nicht vergüten.
Das DiGA-Verzeichnis steht sowohl Ärzt:innen als auch allen Versicherten zur Verfügung.
Neben Informationen zu den zugehörigen Diagnosen, den verfügbaren Plattformen und einer Kurzbeschreibung umfasst jeder DiGA-Eintrag dedizierte Informationen für Ärzt:innen. Unter „Informationen für Fachkreise“ finden Sie als Arzt oder Ärztin Informationen und Empfehlungen zu Verordnung, Patientengruppe, Funktionsweise und Evidenz der jeweiligen medizinischen Anwendung.
Seit Verabschiedung des DVG hat sich das Angebot medizinischer Apps stark erweitert. Derzeit werden erstattungsfähige DiGAs für diese medizinischen Teilbereiche angeboten:
Was aktuell noch sehr exotisch wirkt, wird in Zukunft zum Behandlungsalltag vieler Menschen zählen: Seit der Verabschiedung des DVG sind DiGAs ein möglicher Bestandteil der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgungslandschaft.
Während in einer Studie im November 2020 nur 2 Prozent aller befragten Ärzt:innen angaben, bereits eine DiGA verordnet zu haben, sprechen die Zahlen für 2021 eine andere Sprache. Im ersten Jahr nach der Einführung wurden in Deutschland rund 50.000 DiGAs verordnet. Damit ist Deutschland europaweiter Vorreiter bei der Verschreibung erstattungsfähiger Medizin-Apps.
Und auch auf Patientenseite kommen die digitalen Anwendungen gut an: Fast ein Drittel der Nutzer:innen gibt bei einer Befragung der Techniker Krankenkasse an, die verordneten DiGAs täglich zu nutzen. Mehr als 80 Prozent der Patient:innen nutzen die Anwendung mindestens einmal pro Woche.
Für anerkannte und erstattungsfähige DiGA genügt Ihre ärztliche Verordnung oder ein formloser Antrag durch die Versicherten, falls eine ärztlich bestätigte Indikation die geforderte Leistung rechtfertigt. Stellen Sie als Arzt oder Ärztin beispielsweise die Diagnose Diabetes Mellitus, so können Sie direkt eine passende DiGA verordnen. Tun Sie das nicht, können Ihre Patient:innen auf Basis der von Ihnen gestellten Diagnose auch selbst einen Anspruch auf eine DiGA für Diabetes Mellitus geltend machen.
Sobald die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme erfüllt sind, stellt die zuständige Krankenkasse einen Zugangscode für die Freischaltung der App zur Verfügung.
Für alle Anwendungen, die von der BfArM dauerhaft oder vorläufig in das DiGa-Verzeichnis aufgenommen wurden, übernimmt die Krankenkasse die Kosten. Mehrkosten für nicht-medizinische Zusatzdienste innerhalb der Apps, wie beispielsweise die Verknüpfung mit den sozialen Medien, Zugriffe für weitere Geräte oder Terminbuchungen, tragen Patient:innen jedoch selbst.
Entscheiden Sie sich als Arzt oder Ärztin dazu, eine digitale Gesundheitsanwendung zu verschreiben, erfolgt die Verordnung über das Muster 16, das auch für Arzneimittel Anwendung findet. Die notwendigen Informationen zur gewählten DiGA – wie die eindeutige Pharmazentralnummer (PZN) und die Anwendungsdauer – finden Sie unter den „Informationen für Fachkreise“ im jeweiligen Verzeichniseintrag der Anwendungen unter: https://diga.bfarm.de/de
Die Abrechnung der DiGA kann in zwei Leistungsbereichen erfolgen: Zum einen bei der Erstverordnung und zum anderen bei der Verlaufskontrolle und Auswertung des Behandlungserfolgs.
Ärzt:innen können die Erstverordnung einer DiGA für „dauerhaft aufgenommene“ und für „vorläufig aufgenommene“ DiGA gleichermaßen abrechnen. Die Verordnung wird auch dann vergütet, wenn sie über eine Videosprechstunde erteilt wird. Dabei lassen sich die folgenden Gebührenpositionen bzw. Pauschalen geltend machen:
Aufgrund der neuerlichen Einführung der DiGA sind beide Abrechnungspositionen bis 31. Dezember 2022 befristet.
Wurden bei der Bewertung einer DiGA durch die BfArM Kontroll- und Überwachungstätigkeiten für Ärzt:innen sowie Psychotherapeut:innen festgelegt, können auch diese Tätigkeiten abgerechnet werden. Informationen zu den Abrechnungspositionen für dauerhaft und vorläufig aufgenommene DiGA finden Sie im Informationsblatt der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
Mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz sind Gesundheits-Apps auf Rezept im Alltag von Ärzt:innen angekommen. Die digitalen Anwendungen können Ärzt:innen bei der optimalen Versorgung ihrer Patient:innen unterstützen sowie gesundheitsförderliche Verhaltensweisen bei Patient:innen selbst verankern.
Und auch das Angebot der medizinischen Apps wird in Zukunft wohl stark ansteigen. Lag bei einer Hochrechnung im Jahr 2020 der geschätzte Umsatz mit Digital Health noch bei rund 3 Mrd. Euro, soll sich der Anteil bis 2025 auf rund 4,3 Mrd. Euro erhöhen.